Die Sommertagung des immpresseclub e.V. am 23. Juni 2016 in Frankfurt, stand ganz im Zeichen der anhaltenden Niedrigzinsphase und ihrer Auswirkung auf die Immobilienmärkte. Etwa 45 Immobilien-Journalisten, die nahezu alle immobilienwirtschaftlichen Medien repräsentieren, diskutierten unter der Leitung des Vorsitzenden Werner Rohmert mit Referenten und Gästen.
Für den Erwerb einer Immobilie spricht derzeit viel: Die Zinsen liegen auf einem historisch günstigen Niveau, die konjunkturellen Aussichten bleiben positiv, Immobilien sind rentabler als eine 10-jährige Bundesanleihe und die Nachfrage nach Neubauflächen übersteigt das Angebot bei weitem.
Daran dürfte sich in absehbarer Zeit nichts ändern: „Die Hypothekenzinsen bleiben niedrig – ebenso wie der Leitzins“, prognostiziert Bernd Mayer, Bereichsleiter Immobilien der Bayern LB. Mit einem überdurchschnittlichen Wachstum in 2016, einer niedrigen Arbeitslosenquote (etwa 6,3%), einem wachsenden BIP (+1,8%) und steigender Exporte (+2,9%) zeige sich Deutschland im europäischen Vergleich besonders krisenfest.
Mehr noch: Seit mehr als acht Jahren vergrößert sich der Spread zwischen der Nettoanfangsrendite für Büroobjekte und einer 10-jährigen Bundesanleihe und für Investitionen in die gewerblichen Immobilienmärkte fehlen adäquate Alternativen. Zudem verharrt das Angebot an Neubauflächen im Bürobereich seit etwa zehn Jahren auf niedrigem Niveau: In 2015 sind in deutschen Großstädten weniger als 0,5% des Flächenbestandes neu errichtet worden.
All diese erfreulichen Rahmendaten, aber auch die Zunahme internationaler Investoren auf dem deutschen Büromarkt sorgen nach Ansicht von Mayer für eine deutliche Verschärfung des Wettbewerbs. Vor allem an den europäischen Büromärkten habe dies zu einem Anstieg der Preise vor allem von Core-Objekten geführt, die sich seit etwa 10 Jahren kontinuierlich verteuert hätten. Folge: Mit steigenden Preisen und sinkenden Renditen steigt die Risikobereitschaft der Investoren, die inzwischen nach Objekten in B-Lagen und Value-Add-Transaktion Ausschau hielten. Insgesamt habe das Transaktionsvolumen für deutsche Gewerbeimmobilien zu Beginn des Jahres 2016 mit 18 Mrd. EUR einen neuen Höchststand erreicht. Die Immobilienfinanzierer profitierten neben der verstärkten Nachfrage nach großvolumigen Portfoliofinanzierungen und der Zunahme internationaler Investoren auch von der Stabilität der Objektwerte. Sinkende Margen im Core-Segment, lange Zinsbindungen und teure staatliche Regulierungen würde das Engagement der Bayern LB dagegen trüben.
Investmentrenditen auf Tiefständen – Beherrschbare Risiken trotz „Brexit“
Das günstige Niedrigzinsumfeld und die weiterhin zinsgetriebene Nachfrage nach Immobilien führt auch nach Ansicht von Torsten Knapmeyer, Geschäftsführer Deka Immobilien und Leiter Immobilienfondsmanagement, zu hohen Transaktionsvolumina im Bereich Offener Immobilienfonds.
„Viele Investoren planen, ihre Immobilienquote weiter zu erhöhen und nehmen hierbei zunehmend externe Unterstützung für die Umsetzung in Anspruch“, erläuterte Knapmeyer vor den Journalisten. Die Nachfrage internationaler Investoren steige, verbunden mit einer stärkeren Diversifizierung nach
Nutzungsarten und Investmentstilen
Folge für Deka Immobilien: „Nach überdurchschnittlichem Wachstum im institutionellen Geschäft in den letzten Jahren kann die aktuell hohe Nachfrage nicht bedient werden. Um eine Qualitätsverwässerung der bestehenden Produkte zu vermeiden, führe dies zu Wartelisten bei Immobilien- und Kreditfonds“, unterstreicht Knapmeyer. Mit Blick auf die gestiegene Nachfrage hätten die Investmentrenditen neue Tiefstände erreicht. Die gelte vor allem für die Metropolen Paris und London. Europaweit hätten seiner Ansicht nach die Erträge ihren Zenit erreicht und würden nun kontinuierlich sinken. Entsprechend hätten sich auch die Nettomittelaufkommen der Offenen Immobilienfonds reduziert. Nach fast 15 Mrd. EUR im Jahr 2002 liegen sie im Jahr 2015 lediglich bei 3,3, Mrd. EUR. Einen Ausweg aus diesem Dilemma sieht der Fondsmanager in der Erweiterung der Deka-Dienstleistungspalette sowie neuer Produkte, die „das aktuelle Niedrigzinsumfeld widerspiegeln“. Akuten Handlungsbedarf auf die vorhandenen Immobilienbestände sieht Knapmeyer für das Geschäftsfeld Immobilien auch nach dem Brexit-Votum nicht.
Mit Blick auf die hohe Diversifizierung nach Regionen, Mietvertragslaufzeiten und Nutzungsarten erwartet der Fondsexperte trotz Brexit „beherrschbare Auswirkungen und Risiken“. „Am stärksten wären Büroimmobilien in London insbesondere die Teilmärkte „City“ und „West End“ betroffen. Dort erwarten wir ggf. eine rückläufige Nachfrage, steigenden Leerstand, Mietrückgänge sowie rückläufige Transaktionsvolumina. Diese Phase könnte je nach Verhandlungsdauer zwischen UK und der EU bis zu zwei Jahre dauern“, so Knapmeyer. Büromärkte britischer Regionalzentren sowie Einzelhandels- und Hotelsektor seien weniger betroffen. Auch dürften sich Projektentwickler in London vorerst zurückhalten, was stabilisierend auf den Immobilienmarkt wirken müsste. Nicht zuletzt schützten auch langfristige Mietverträge vor kurz- fristigen Einbußen, wobei der Finanzplatz London mittelfristig weiterhin eine führende Rolle in Europa einnehmen dürfte. Potenziell profitierende Standorte wie z.B. Paris und Frankfurt a.M. seien in den Portfolien der Deka- Immobilienfonds enthalten. Deka ist derzeit mit 2,6 Mrd. EUR in GB investiert.
Deutschland im Fokus internationaler Investoren
Auch für Dr. Frank Pörschke, Member of the EMEA Management Board CEO Germany JLL, überwiegen die positiven Fakten für den Erwerb von Immobilien. Die Wirtschaft läuft „ok“, es ist kein Überangebot an spekulativen Neubauten absehbar, relativ gesehen bieten Immobilien immer noch eine attraktive Verzinsung und es seien „keine Fremdfinanzierungsauswüchse zu erkennen“.Belastend könnten indes die geopolitischen und ökonomischen Unsicherheiten sowie die geringen Immobilienrenditen sein. Mit Blick auf moderate Mietpreiserwartungen und Transaktionsvolumina (global -5% gegenüber 2015), einer intensiveren Prüfung der Kreditnehmer und einer gründlicheren Due Diligence der Banken sieht Pörschke im Vergleich zu 2007 keine Gefahren für die Immobilienmärkte. Weiterer Vorteil: Liquidität sei in ausreichendem Maße vorhanden und mit der zunehmenden Investitionstätigkeit ist auch die Markttransparenz gestiegen. Dabei bleibe Deutschland im Fokus internationaler Investoren. Etwa 20% aller Transaktionen entfielen auf die USA, 18% auf UK und 18% auf globale Investoren. An allen Investitionen hatten Büroimmobilien einen Anteil von fast 50%. Immer noch liege die Bürorendite in B-Objekten in B-Lagen deutsche Mittelstädte deutlich über der Spitzenrendite von Objekten in A-Lagen. Insgesamt habe, so Pörschke, die Bedeutung der B-Städte, aber auch der B-Lagen klar zugenommen. Die Konsolidierung auf dem Markt für Immobiliendienstleistungen wird sich fortsetzen, ist der CEO überzeugt. Corporates erwarteten alle Dienstleistungen aus einer Hand, die Präsenz ihrer Dienstleister in allen Weltregionen sowie die Nutzung sämtlicher digitalen Trends wie Big Data, Crowd oder künstliche Intelligenz zur Analyse von (immobilien-) Daten.
Als Fördermitglied des immpresseclub stellte Stephan Conrad, Pressesprecher RAG Montan Immobilien, den Umbau der alten Kokerei Zollverein in ein „nachhaltiges“ Verwaltungsgebäude der RAG-Stiftung und der RAG AG vor. So habe bei der Planung und Projektentwicklung die Förderung des Mikroklimas und der Einsatz recycelbarer Materialien im Fokus gestanden. Ein Regenwasser- und Schmutzwassermanagement sorgt heute für die Reduzierung des Wasserverbrauchs, der thermische Komfort und die Luftqualität im Gebäude sollen die Gesundheit der Mitarbeiter fördern und effiziente Beleuchtungssysteme drosseln den Energieverbrauch. All dies reduziere die Kosten für den Unterhalt und den Betrieb und diene somit der Wirtschaftlichkeit.
Text: Dr. Karina Junghanns, stv. Chefredakteurin „Der Immobilienbrief“
Fotos: Re v. Schönfels