Flächenrecycling, hohe Baukosten, niedrige Zinsen und zuviel Geld

Mit ca. 60 Mitgliedern, Referenten und Gästen bildete auch die diesjährige Winterveranstaltung des immpresseclub, der Arbeitsgemeinschaft deutscher Immobilienjournalisten, nahezu die gesamte Branche ab. Neben Flächenrecycling, Baufinanzierung und dem Kostentreibern in der Wohnimmobilienwirtschaft war versuchte auch der Autor des Buchs „Verbietet das Bauen!“, Daniel Fuhrhop einen Einblick in seine Erfahrungen mit der Immobilienwirtschaft zu geben.

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„Verbietet das Bauen!“ so der plakative Buchtitel des Autors Daniel Fuhrhop, der mit seinem Werk zum nachdenken anregen will. Im Fokus steht dabei insbesondere die These, mehr Augenmerk auf den Bestand zu legen, als nur auf den Neubau. Das ist derzeit allerdings dank günstiger Reproduktionskosten nicht ganz einfach. So stimmte auch Dr. Reinhard Kutscher in seinen Ausführungen Fuhrhop zu, machte aber gleichzeitig deutlich, dass sich für seine Gesellschaft, der Union Investment Real Estate mit seinen Offenen Immobilienfonds derzeit vor allem Chancen im Ankauf von Projektentwicklungen ergeben. 2-3 Mrd. Euro pro Jahr will Kutscher für seine Fonds einkaufen. Dabei könnte er deutlich mehr. „Wir könnten Objekte für 4-5 Mrd. Euro einkaufen“, so Kutscher in seinem Vortrag. Allerdings fehlten dafür die geeigneten Objekte. Daher schaut sich Kutscher, der eigentlich typischer Core-Investor ist, mittlerweile auch gern in deutschen B-Städten, Polen, Italien, Spanien, Irland und Australien nach Objekten um. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Mietperspektive einer Immobilie. Er investiere derzeit lieber in ein Objekt, dass noch mehr Mietspielraum nach oben habe, als in solche, deren Zustand zwar gut sei jedoch bereits am oberen Ende der möglichen Miete liege, so Kutscher. Trotz aller Schwierigkeiten im Ankauf, könne sein Unternehmen derzeit aber vor allem die Zeit für Portfoliobereinigung nutzen.

Ein Kostenproblem hat derzeit auch die Wohnimmobilienbranche. Bauträger und Investor Martin Dornieden von mittelständischen Unternehmen Dornieden-Gruppe aus Köln machte vor allem die Politik für die derzeit hohen Baukosten verantwortlich. Die Baupreisentwicklung der letzten 5 Jahre liegt nämlich unterhalb der Inflation. Trotzdem sind die Baukosten deutlich stärker gestiegen. Kostentreiber sind hier lt. Dornieden insbesondere Themen wie Erhöhung der Grunderwerbsteuer, Verschärfung der EnEV, Erhöhung der Notargebühren oder der sprunghafte Anstieg der Planungskosten. Der Anstieg der Baukosten mache ein Objekt für seine Kunden kaum noch rechenbar. Beispielhaft nannte Dornieden ein Objekt in Köln, dass vor 5 Jahren noch 30% günstiger zu haben sei. Der Preisanstieg habe dafür gesorgt, dass die Wohnungen nun nur noch für 20% des Marktes überhaupt finanzierbar seien. Die Lösung liegt für Dornieden vor allem in der Senkung der Grunderwerbsteuer, die Bereitstellung von mehr Bauland sowie keiner weiteren Verschärfung der EnEV.

Flächen und Bauland stand auch für Prof. Dr. Hans-Peter Noll, Vorsitzender der Geschäftsführung der RAG Montag Immobilien AG in Zentrum seines Vortrags. Das Unternehmen, dass sich mit dem Flächenrecycling der ehemaligen Bergbauzechen im Ruhrgebiet und dem Saarland beschäftigt, hat eine der schwierigsten Aufgaben in der Immobilienbranche. Die Umwidmung der ehemaligen Zechen steht vor der Herausforderung, Flächen an schwierigen Standorten, die zum Teil mit Altlasten belastet sind, mit neuen, innovativen Projekten im Rahmen des Strukturwandels des Ruhrgebiets zu entwickeln. Das ist in der Vergangenheit auch eindrucksvoll gelungen. Dabei dauert so ein Projekt auch gern mal 15-20 Jahre. Bis 2018 warten noch zwei weitere Zechen auf die Neugestaltung. Dann schließt die letzte Steinkohle-Zeche im „Pott“. Aus ehemaligen Kohlelagerflächen wurden Logistikzentren, aus Kokereien wurden Industriedenkmäler, Werkstätten oder Parklandschaften. Alle Projekte werden dabei von der RAG auf eigenen ökonomischen Beinen umgesetzt. „Wir erhalten keinerlei Subventionen“, so Noll gegenüber des immpresseclubs. Als wahnsinnig aufwendig bezeichnet Noll vor allem auch den Austausch mit der Bevölkerung. Wenn man die Öffentlichkeit in seine Projekte nicht mit einbeziehe, sei die Umsetzung schwer. Vor allem auch soziale Medien wie facebook und twitter hätten heute einen großen Einfluss auf mögliche Bauvorhaben.

Auch das Thema Blase auf den Wohnungsmärkten war Thema der Veranstaltung. Jörg Utecht, Mitglied des Vorstands der interhyp AG stellte dar, warum von einer Blasenentwicklung bei der reinen Betrachtung der derzeitigen Finanzierungen keine Rede sein kann. Zwar sei die Risikobereitschaft bei privaten Haushalten in Bezug auf die Aufnahmebereitschaft von Darlehen gestiegen, jedoch sei der Großteil der Finanzierungen Anschlussfinanzierungen. Das Baufinanzierungsvolumen hat sich in den letzten Monaten zwar deutlich erhöht und betrug in der Spitze über 25 Mrd. Euro (März 2015), der Bestand an Baufinanzierungen hat sich jedoch nur kaum erhöht. Die Anschlussfinanzierungsnachfrage übertrifft derzeit die Neubaufinanzierungen bei weitem. Auch wenn derzeit die Immobilienpreise stärker ansteigen als die Einkommen, sei das große Neugeschäft viel stärker von Anschlussfinanzierungen als von Erstfinanzierungen getrieben, so Utecht, Auch die durchschnittlichen Finanzierungssummen steigen nur leicht bei nochmals konservativeren Finanzierungsstrukturen.

Neben den eigentlichen Vorträgen stand auf der Winterveranstaltung auch wieder die Wahl des Vorstands des immpresseclub auf der Tagesordnung. Dabei wurde der letzte Vorstand in seiner Funktion bestätigt. Den Vorsitz hat „Der Immobilienbrief“-Herausgeber Werner Rohmert. Seine zwei Stellvertreter sind Frank-Peter Unterreiner vom „Immobilienbrief Stuttgart“ sowie Michael Psotta von der FAZ. Schatzmeister bleibt Robert Scholl und auch Kassenprüfer bleibt Nikolaus von Raggamby. Die nächste Sitzung findet im Juni 2016 in Frankfurt am Main statt.