Am gefühlt bisher heißesten Tag des Jahres am 27. Juni trafen sich knapp 30 Journalisten der Immobilienszene und Immobilien-Ressortleiter einiger Publikumsmedien zur diesjährigen Sommertagung des immpresseclub e.V., der Arbeitsgemeinschaft deutschsprachiger Immobilienjournalisten in Düsseldorf. Dazu gesellten sich geladene Gäste aus dem Kreis der Fördermitglieder sowie hochkaratige Referenten.
Gründer und Herausgeber des „Der Immobilienbrief“, Werner Rohmert, der seit 2004 Vorsitzender des immpresseclub e.V. ist, führte die Teilnehmer durch das Programm, das sich dieses Mal insbesondere mit den Auswirkungen der Krise, Insolvenzrecht, energetischer Sanierung und den Chancen und Risiken der KI beschäftigte.
Begrüßt wurden die Teilnehmer im eigenen Haus von Lars von Lackum, Vorstandsvorsitzender der LEG Immobilien SE.
Deutschland steht vor der großen Herausforderung, seine Klimaziele bis 2045 zu erreichen und gleichzeitig den steigenden Bedarf an Wohnraum zu decken. Vor diesem Hintergrund spielt die energetische Sanierung des Gebäudebestands, insbesondere von Gebäuden, die vor 1979 gebaut wurden, das entspricht etwa 65% des gesamten Bestandes, eine zentrale Rolle. In seinem Vortrag „Klimaschutz in Serie – grüner, schneller, kostengünstiger“ stellte Andreas Miltz, kaufmännischer Geschäftsführer von Renowate, ein pari-Joint Venture der LEG Immobilien und der österreichische Baufirma Rhomberg Bau, den Teilnehmern einen vielversprechenden Lösungsansatz vor.
Renowate begegnet den aktuellen generellen und energetischen Sanierungs-Herausforderung mit einem seriellen Sanierungsansatz, der auf einem Fünf-Stufen-Prozess basiert: Die Objekte werden vermessen, ein Digitaler Zwilling erstellt, die Sanierungsmodule werden vorgefertigt, Just-in-Time geliefert und dann schnelle und einfach an der Gebäudehülle montiert. Dadurch ergeben sich Kostensenkung durch Skaleneffekte und effizientere Prozesse, Zeitersparnis durch Vorfertigung und schnellere Montage, weniger Mieterbelastung durch kürzere Bauzeiten und geringere Mietminderungen, Nachhaltigkeit durch Reduktion von Verschnitt und Abfall und last but not least eine Steigerung der Mieterzufriedenheit durch verbesserte Energieeffizienz und Wohnkomfort.
Ein erstes Pilotprojekt in Mönchengladbach lieferte Renowate „learning by doing“ wichtige Erkenntnisse, die in die Weiterentwicklung des Systems einflossen, z.B. die Integration der Lüftungsanlage in die Fassade und die Entwicklung eines eigenen Systems zur Befestigung der Fassadenelemente. Renowate arbeitet seitdem kontinuierlich an der Optimierung und Standardisierung der Sanierungsmodule sowie der Einbindung von KI-basierten Tools, wie dem Fassadenkonfigurator. Aktuell werden bereits verschiedene Projekte in Düsseldorf und Mönchengladbach umgesetzt. Renowate adressiert mit seinem seriellen Ansatz sowohl den Drittmarkt (ca. 2,1 Mio. Gebäude) als auch den eigenen Bestand der LEG Immobilien Gruppe (ca. 115.000 Wohneinheiten).
Obwohl die Künstliche Intelligenz (KI) in den letzten 50 Jahren stetige Fortschritte verzeichnet hat, markieren die jüngsten Entwicklungen, insbesondere im Bereich Generativer KI (GenAI) – wie z.B. ChatGPT – einen signifikanten Durchbruch, der sich wohl schnell exponentiell fortsetzen wird. Dr. Alexander Hellmuth, Partner Strategy and Transactions bei der EY Real Estate GmbH referierte anschaulich über die Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz, insbesondere der Generativen KI, in der Immobilienwirtschaft. Durch die Integration von KI können Aufgaben und Prozessen wie Recherche, Kommunikation und Dokumentation automatisiert werden. „Es ist davon auszugehen, dass etwa 20- 60% der typischen Administrationstätigkeiten automatisierbar sind“, so Hellmuth. Die Integration von KI in bestehende Prozesse erfordere jedoch umfassende IT-Transformationsprojekte. Die Implementierung eines Chatbots allein reiche nicht aus, um das volle Potenzial auszuschöpfen. Eine kohärente Strategie, die sowohl die technischen Aspekte der Implementierung als auch die Einbindung und Schulung der Mitarbeiter berücksichtigt, sei im Transformationsprozess notwendig. Die „Dunkelverarbeitung“, bei der Prozesse vollständig automatisiert und ohne menschliches Zutun im Hintergrund ablaufen, hob Hellmuth als Schlüssel zur Maximierung der KI-Effizienz hervorgehoben. Vor dem Erreichen der „Schönen Neuen Welt“ gilt es jedoch noch einige Herausforderungen zu bewältigen, wie z. B. regulatorische Hürden, Datenschutzbedenken, Haftungsfragen bei Fehlentscheidungen von KI-Systemen und last but not least die Notwendigkeit einer modernen IT-Infrastruktur.
Im Fazit birgt der Einsatz von KI, insbesondere von GenAI, der Immobilienwirtschaft enormes Potenzial zur Effizienzsteigerung und Prozessoptimierung. Die Realisierung dieses Potenzials erfordert jedoch erhebliche Investitionen in IT-Infrastruktur, eine klare Strategie, die Einbindung der Mitarbeiter und die Berücksichtigung rechtlicher Rahmenbedingungen.
Dr. Patrick Adenauer, Geschäftsführender Gesellschafter von Bauwens gab den Mitgliedern des immpresseclub e.Vs einen aktuellen Überblick über die aktuellen Entwicklungen und Investitionsmöglichkeiten im Wohnungsbau in Deutschland und den USA. Während Deutschland aufgrund von regulatorischen Hürden und einem volatilen Förderumfeld vor Herausforderungen steht, erweisen sich die USA, insbesondere der Sunbelt, aufgrund von Bevölkerungswachstum, einer starken Wirtschaft und einem unterversorgten Wohnungsmarkt als attraktiver Investitionsstandort.
Der Nutzermarkt in Deutschland ist solide. Der demografische Wandel, insbesondere die Zunahme von Single-Haushalten, führt zu einer steigenden Nachfrage nach Wohnraum, insbesondere in Metropolen. Aufgrund der aktuellen Marktsituation gekennzeichnet durch hohe Inflation und Zinsen verschiebe sich die Nachfrage derzeit vom Kauf- zum Mietmarkt. Im Gegensatz dazu ist das Transaktionsvolumen im Immobilienmarkt im Vergleich zu den Vorjahren aufgrund der geänderten Marktparameter stark eingebrochen. Für Investoren entspricht die Risikoprämie für Immobilieninvestments im Vergleich zu „risikofreien“ Staatsanleihen entspricht nicht der notwendigen Rendite. Zudem machten die zahlreichen Bauvorschriften und eine volatile Förderlandschaft den Wohnungsbau komplex und schwer planbar. „Die Regulatorik“, so Adenauer „macht den Wohnungsbau nicht nur komplex, sondern in den vergangenen Jahren unbeständig und wenig planbar!“.
Dr. Adenauer präsentierte den Teilnehmern aber auch Lösungsansätze für den Weg aus der Krise, denn „Wir müssen die aktuelle Lage annehmen und neue Lösungswege entwickeln“, so Adenauer. Konkret nannte Dr. Adenauer die Punkte:
- Knowhow Monetarisierung: Projektentwicklung als Dienstleistung und Beratung für Restrukturierungen.
- Fokus auf Qualität und Nachhaltigkeit: Um sich von der Konkurrenz abzuheben.
- Diversifikation der Auftraggeber: Zur Risikostreuung.
- Transformation der Immobilienbestände: Investoren sollten den Fokus auf die Transformation bestehender Immobilien legen.
- Industrialisierung der Wertschöpfungskette: Modularisierung und Standardisierung im Bauwesen.
Die USA weisen lt. Adenauer im Vergleich zu Deutschland deutlich bessere Fundamentaldaten und eine stabile Entwicklung auf (z.B. Wirtschaftswachstum, Arbeitslosenquote). Ein überdurchschnittliches Bevölkerungswachstum bei schon bestehendem Nachfrageüberhang fände sich insbesondere im „Sunbelt“ der USA, in dem auch Adenauers GAR GERMAN AMERICAN REALTY aktiv ist, was die Nachfrage nach Wohnraum erhöht. Darüber hinaus zeichne sich der Sunbelt durch wirtschaftsfreundliche Gesetzgebung, niedrige Lebenshaltungskosten und ein investitionsfreundliches Klima aus.
Passend zu den aktuellen Insolvenzmeldungen zeigte Insolvenzspezialist Ingmar Jarchow von TURNER mit seiner Präsentation „ Die geplante Insolvenz – eine nicht strafrechtliche Betrachtung“ die verschiedenen Verfahren zur Sanierung oder geordneten Abwicklung von Unternehmen in Deutschland auf. Dabei beleuchtete er verschiedene Szenarien, von der Eigensanierung über das Staatliche Restrukturierungsverfahren (StaRUG) bis hin zu verschiedenen Formen der Insolvenz.
Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen diskutierte Jarchow auch steuerliche Aspekte und die Haftungsrisiken für Geschäftsführer. Jarchow betonte, dass Geschäftsführer bei Insolvenzreife zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen ausgesetzt sein können. Die Wahl des richtigen Sanierungsinstruments kann dabei dazu beitragen, diese Risiken zu minimieren. Anhand des „Bremer Modells“ und dem Fall „Leoni AG“ demonstrierte er zwei Praxisbeispiele für die missbräuchliche Verlagerung des Gesellschaftssitzes („Forum Shopping“) vor Insolvenzverfahren und die Durchführung eines sogenannten „Squeeze-outs“ womit Unternehmen auch in einer Krisensituation handlungsfähig bleiben können.
Von Constanze Wrede
STEHEN DIE SCHWARMFINANZIERUNGEN VOR DEM KOLLAPS?
430 Finanzierungen bereits formal insolvent, viele weitere zahlen nicht
Dramatische Entwicklungen kündigen sich bei Crowd-Funding bzw. Schwarmfinanzierungen an, bei dem mit Kleinstbeträgen in kleinere Projektentwicklungen mit meist 5 bis 6% Verzinsungsversprechen für Nachrangdarlehen investiert wurde.
Von Werner Rohmert, Hrsg. „Der Immobilienbrief“, Immobilienspezialist „Der Platow Brief“
Zum Background: In der Nullzinsphase schien Crowd Funding attraktiv und bescherte im Hype bei kurzer Anlagedauer zunächst Erfolge. Frühe Schwierigkeiten mit Insolvenzen wurden mit Investorenkapital still gehalten, um das Vertriebsmodell nicht zu gefährden. In der anfänglichen Erfolgsphase erhöhten die Anleger ihre Spieleinsätze je nach Quelle auf durchschnittlich 5.000 bis 10.000 Euro. In der Regulierung lief Crowd Funding unter „Welpenschutz“. Klassische Fonds-Prospektierungsanforderungen wurden locker gesehen. Politik und Anleger waren sich der Nachrangproblematik mit annähernder Totalverlust-Garantie bei Projektschwierigkeiten nicht bewusst. Fehlendes Immobilien Know how bei Plattformen spielte im Selbstheilungsboom explodierender Preise keine Rolle. Die formal kleinen Beträge schienen der Politik keiner Beachtung wert, im Gegenteil, niemand wollte sich auf die Fahnen schreiben, gegen den medialen Hype das junge Finanzierungsmodell zu beschneiden. Mit zunehmendem Zwang der Crowd-Plattformen, die Projekt-Pipeline des wachsenden Marktes und den gleichzeitig wachsendem Bedarf an Risikokapital in immer schwierigeren Märkten zu füllen, sank die Qualität. Das rächt sich jetzt.
Der Initiator der Anlegerschutzplattform investmentcheck.de, Stefan Loipfinger, der in den 90er und 00er Jahren als „Fondspapst“ bekannt war und gemeinsam mit „Der Immobilienbrief“, Platow und Anlegerschutzmedien stark zum damaligen Anlegerschutz beitrug, berichtete von einer dramatischen Entwicklung. „Der Immobilienbrief“ hatte frühzeitig auf das Totalverlustrisiko einer Nachrangfinanzierung hingewiesen, was letztlich bedeutet, dass Probleme eines Projektes, die sogar unauffällig im Eigenkapital- oder Nachrangbereich abgearbeitet werden können, ausreichen, ein gestreutes und ansonsten voll erfolgreichen Gesamtinvestment von 10 oder 20 Finanzierungen auf eine Nullrendite zu setzen. Zudem war uns lange vor Covid und Ukraine aufgefallen, dass allein eine leichte Konsolidierung des gehypten Preisniveaus um 10 bis 15% ausreichen würde, die Projektentwicklungen in Schwierigkeiten zu Lasten des Nachrangkapitals zu bringen. Damals hatten wir Zinsexplosion, Bruch der Lieferketten, Baupreisexplosion, Terminprobleme, Energiekosten und vieles mehr, das aktuell den Projektentwicklermarkt erschwert, noch gar nicht im Blick. Hinzu wunderte es uns, dass die formalen Zusatzsicherheiten, die die Plattformen zur Werbung nutzten, regelmäßig mit klassischen Negativklauseln vorrangiger Finanzierungen kollidieren müssten.
Derzeit sind allein auf investmentcheck.de 430 echte Insolvenzen gemeldet, so Loipfinger. Hinzu kämen hunderte Finanzierungen in Schwierigkeiten. Schließlich sei der Nachrang-Anleger völlig ohne Kontroll- oder Eigentumsrechte dem Kreditnehmer und der vermittelnden Plattform ausgeliefert. Der zahle oft aufgrund von Projektproblemen einfach nicht. Ein nennenswertes Kredit- und Immobilienmanagement habe es seitens der jungen Plattformen nicht gegeben. Zusatzsicherheiten seien nie kontrolliert worden. Eine Mittelverwendungskontrolle habe es regelmäßig nie gegeben. Zu den realen Schwierigkeiten des Projektentwicklermarktes und gesunkener Exitpreise kämen Verhaltensauffälligkeiten hinzu. Da ja nie das Gesamtportfolio von Developern finanziert sei, und Probleme ja auch die anderen Projekte beträfen sei davon auszugehen, dass viele Entwickler spezifische projektbezogene Schwarmgelder in andere Projekte umgeleitet hätten. Insofern sei von einer dramatischen Entwicklung auszugehen. Auf die Frage, warum die Plattformen noch täglich mit Angeboten auf dem Markt seien, und es noch nicht zu Prozessen gekommen sei, die auch die Anwälte Ingmar Jarchow und Werner Klumpe erwarten, verwies Loipfinger auf die Zeitachse, da die Probleme sich erst seit der Zinswende ballen, und weder Insolvenzen noch Zahlungsaussetzungen allein Klagegründe sind bzw. Sinn machen. Die Plattformen als Vermittler werde es erst später treffen. Aber da seien Insolvenzen zu erwarten.